Die 10 Irrtümer bei der Barrierefreiheit auf Fernlinienbussen

|   Mobilität

Im Zuge der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) im Jahr 2012 wurde die Einführung der Barrierefreiheit bzw. die Bereitstellung von zwei Rollstuhlplätzen stufenweise festgeschrieben: ab 2016 für alle neu zugelassenen Fernlinienbusse und ab 2020 für die gesamte Flotte der Fernlinienbusse. Das Thema Barrierefreiheit bringt viele Irrtümer mit sich. Der BSK e.V. hat die 10 häufigsten Irrtümer bei der Barrierefreiheit auf Fernlinienbussen aufgestellt.

1. Es gibt keine Fahrgäste mit Behinderung, die mitfahren wollen! Falsch, denn solange kein barrierefreies Angebot vorhanden ist, ist auch die Nachfrage nicht vorhanden. 10 Prozent der Bevölkerung haben eine Behinderung bzw. Schwerbehinderung und die Tendenz ist steigend.

2. Die Fernlinienbusse sind die einzigen, in denen die Barrierefreiheit umgesetzt werden muss! Falsch, auch bei anderen Verkehrsmitteln wie Bussen im ÖPNV, Straßenbahnen oder den Fahrzeugender Deutschen Bahn besteht diese Verpflichtung. Barrierefreiheit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

3. Die Fristen zur Einführung der Barrierefreiheit sind viel zu kurz! Falsch, denn bereits bei der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) war die Anforderung an Barrierefreiheit bekannt. Dies war im Herbst 2012, so dass insgesamt über drei Jahre Zeit waren bzw. sind. Es gibt Betreiber, wie den ADAC Postbus und den Berlin-Linien-Bus (BLB), die bereits jetzt barrierefreie Busse im Einsatz haben.

4. Der deutsche Standard mit zwei Rollstuhlplätzen übertrifft den internationalen Standard! Stimmt nicht ganz, denn in den internationalen Regelungen ist von mindestens einem Rollstuhlplatz die Rede, was mehr als einen Platz nicht ausschließt. Im ÖPNV Bereich ist eine Entwicklung zu zwei Rollstuhlplätzen zu erkennen.

5. Menschen mit Behinderung müssen unentgeltlich befördert werden! Falsch, nur im ÖPNV besteht ein Anspruch, jedoch nicht im Fernverkehr. Fahrgäste mit Behinderung sind daher auch als (zahlende) Kunden zu verstehen.

6. Begleitpersonen sind ein Kostenfaktor, da sie unentgeltlich befördert werden müssen! Stimmt nicht ganz, denn nur Fahrgäste mit Behinderung, die in ihrem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen B haben, haben einen Anspruch auf unentgeltliche Mitnahme einer Begleitperson, andere Fahrgäste nicht. Nach § 145 ff SGB IX gibt es hierfür vom Gesetzgeber einen finanziellen Kompensationsanspruch. Für das Haushaltsjahr steht im Bundeshaushalt eine Summe von 260 Mio. Euro (Kapitel 1105) u.a. für Kompensationsleistungen von Begleitpersonen zur Verfügung.

7. Die Rollstühle sind nicht sicher und entsprechen nicht der Norm! Stimmt nicht, denn hierzu gibt es eine Empfehlung des Runden Tisches „Sichere Mobilität für Menschen mit Behinderung“, die der Unterschiedlichkeit von Rollstühlen Rechnung trägt. Lt. Schreiben des BMVI vom 29.7.2014 „… kann der betroffene Personenkreis rechtsicher befördert werden.“

8. Es entstehen Mehrkosten durch das Lastenheft Stimmt, aber die belastbare Zahl der Hersteller MAN und Daimler/evo Bus beträgt nur 5.000 Euro (+/- 1.000 Euro) an Mehrkosten. Ziel des Lastenheftes ist es, Barrierefreiheit in Fernlinienbussen sowie die gesetzlichen Vorgaben mit allen Beteiligten intelligent und ausgewogen umzusetzen.

9. Barrierefreiheit nutzt nur Menschen mit Behinderung! Falsch, es profitieren auch andere Personengruppen davon, etwa ältere Menschen mit Rollator und Eltern mit Kinderwägen.

10. Die Plätze für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen müssen bis kurz vor der Fahrt reserviert bleiben! Falsch, die Plätze müssen nicht reserviert werden, sollten aber auch nicht als erstes vergeben werden. Wenn der Bus voll ist, dann ist der Bus voll! Dieses Problem haben schließlich auch Fußgänger. Für diese werden auch keine Plätze reserviert. Es besteht die Möglichkeit eine Vorbuchungsfrist (24 Stunden) für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen einzuführen, damit die Fahrten besser geplant werden können. Der BSK e.V. hat seit Oktober 2014 eine Meldestelle für Barrierefreie Fernlinienbusse eingerichtet, welche den Prozess der Barrierefreiheit begleiten wird und als Ansprechpartner für Fahrzeughersteller, Fernlinienbusbetreiber, Politik und Fahrgäste mit Behinderung zur Verfügung steht.

Die Meldestelle ist von Montag bis Donnerstag, 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr und Freitag von 9.00 Uhr bis 13.30 Uhr unter der Tel.: 030 8145268-53 Email: meldestelleSpamvermeidung gegen Bots@bsk-ev.org erreichbar.

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