Der ÖPNV ist in den meisten Bundesländern grundsätzlich eine freiwillige Aufgabe der Daseinsvorsorge. Lediglich einzelne Länder haben in ihren Nahverkehrsgesetzen Formulierungen, aus denen sich je nach juristischer Auslegung eine verpflichtende Wahrnehmung dieser Aufgabe ableiten lässt, jedoch keine konkreteren Vorgaben bspw. zum Umfang, in dem diese Aufgabe wahrzunehmen ist. Die Aufgabenträger (von Ländern benannte Behörden) definieren ihre Anforderungen hierzu in der Regel in einem Nahverkehrsplan.
Es gibt keine bundesweit einheitliche Fristenregelung bezüglich der Überarbeitung bzw. Aktualisierung von Nahverkehrsplänen. In manchen ÖPNV-Gesetzen der Länder sind 5 Jahre vorgegeben, anderen mach gar keine Vorgaben. Es steht dem Aufgabenträger frei, auch vor den üblichen 5 Jahren eine Aktualisierung zu beschließen.
An der rechtlichen Wirkung des Nahverkehrsplans ändert sich dadurch nichts, wenn von DIN-Normen abgewichen wird.
Die Vorgaben aus dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zur Barrierefreiheit gelten nicht für den sogenannten Schienenpersonenverkehr (SPNV) auf Eisenbahnstrecken. Für die Bahn gilt das Allgemeine Eisenbahngesetz, das hinsichtlich Barrierefreiheit weniger Vorgaben als das PBefG macht, die Betreiber und die SPNV-Aufgabenträger können somit mehr eigenständig entscheiden. Die Zuständigkeit liegt hier sowohl bei den SPNV-Aufgabenträgern (je nach Bundesland entweder das Land selbst oder kommunale Zweckverbände) sowie den Eisenbahnverkehrs- bzw. Infrastrukturunternehmen als Betreibern des Zugverkehrs bzw. der Infrastruktur (Bahnhöfe, Gleise etc.).
Wenn die Bürgerbusse Teil des ÖPNV und allgemein zugänglich sind, dann müssen sie auch die Anforderungen des PBefG erfüllen. Im Nahverkehrsplan sollten daher Aussagen zur vollständigen Barrierefreiheit gemacht werden.
Es handelt sich um Mindestanforderungen, die nicht unterschritten werden sollten. Es können immer Ausnahmen erforderlich werden (die natürlich stichhaltig begründet werden sollten).
Dies ist keine Ausnahme im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes.
Es gibt keine Pflicht, Standards pro Haltestelle festzulegen. Es reicht aus, diese in Gruppen zusammen zu fassen. Die Zuständigkeit der Baulastträger erstreckt sich nur auf Haltestellen im Straßenraum. Nicht dazu gehören in der Regel bspw. Straßenbahnhaltestellen an eigenen Bahnkörpern oder Busbahnhöfe auf Flächen, die den Verkehrsunternehmen gehören. Auch aus Gründen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit macht es Sinn, einheitliche Standards für alle Haltestellen festzulegen (ausgenommen sind Sonderbauformen, z. B. ZOB). Bei der konkreten Ausbauplanung muss dann die Notwendigkeit von Ausnahmen geprüft werden (über die grundsätzlich geregelten Ausnahmen hinaus). Diese sollten beispielsweise im Erläuterungsbericht erklärt werden.
Das kommt darauf an, was konkret im Nahverkehrsplan geregelt ist. Sinnvoll ist dies jedoch nur bei Ersatzhaltstellen, die für einen längeren Zeitraum erforderlich sind. Grundsätzlich besteht jedoch das Problem, dass der Nahverkehrsplan für Baulastträger rechtlich keine bindende Wirkung hat, die alleinige Aufnahme der Vorgabe in den Nahverkehrsplan bewirkt also noch keine verpflichtende Umsetzung. Auch für die Ersatzhaltestellen sind die Straßenverkehrsbehörden zuständig, weshalb der NVP hier nicht greift. Unter anderem in Abhängigkeit der Bedeutung der Haltestelle und der Dauer der Baumaßnahme sollte hier allerdings eine adäquate Lösung gefunden werden, um die Zugänglichkeit zum ÖPNV auch während der Baumaßnahme zu erhalten.
Ja, darf sie. Die meisten Nahverkehrspläne machen zum Betrieb & Service keine Vorgabe. Es gibt hierfür leider auch keine Regelung aus dem Rechtsrahmen für den ÖPNV.
TIPP: Bei der Beteiligung am Nahverkehrsplan deshalb darauf achten, dass zum Betrieb & Service Vorgaben gemacht werden. Das oben genannte Problem kann bspw. durch Shuttle-Dienste oder temporär errichtete Aufzugsanlagen gelöst werden.
Das ist ein Umsetzungsproblem. Das Fahrpersonal muss geschult werden, d.h. aber noch lange nicht, dass es dann auch gut funktioniert. Bei der Beteiligung an der Erstellung von Nahverkehrsplänen sollte darauf hingewiesen werden, dass dies im Handlungsfeld „Betrieb & Service“ festgeschrieben wird.
Es gibt die Möglichkeit der Verbandsklage durch einen Verein/Verband, sofern dieser zur Durchführung einer Verbandsklage berechtigt ist. Einzelpersonen oder politische Gremien (wie z.B. Beiräte) können von diesem Recht keinen Gebrauch machen. Die Verbandsklage greift nur, wenn entweder a) Betroffenenverbände, Beauftragte für Menschen mit Behinderungen oder Behindertenbeiräte etc. bei der Aufstellung des NVP nicht entsprechend den Vorgaben des PBefG beteiligt wurden oder b) die Genehmigungsbehörden (die gemäß PBefG die Liniengenehmigung erteilen), bei der Genehmigung nicht die entsprechenden Vorgaben des NVP berücksichtigt haben. Wenn ein Aufgabenträger seinen eigenen NVP nicht einhält, bspw. indem er dessen Standards bei der Ausschreibung von ÖPNV-Leistungen nicht oder nur teilweise einhält, greift die Verbandsklage nicht.
Es gibt keine Regelung dazu. Das Problem ist, dass oftmals Ersatzteile nicht verfügbar sind oder Personalmangel bei der Montage besteht.
Die Liste der Technischen Baubestimmungen ist im Zusammenhang mit Planung und Bau baulicher Anlagen nach Bauordnungsrecht zu sehen. Die DIN 18040-3 wird nicht in diese Liste aufgenommen, da sie sich nicht mit baulichen Anlagen i. S. d. Bauordnung befasst. Sie ist per Erlass oder Richtlinie (vgl. einer Verwaltungsvorschrift und damit bindend für die Fachverwaltung) durch die zuständige Behörde (i. d. R. Verkehrsministerium) eingeführt. Die DIN 18040-3 ist nicht in jedem Bundesland eingeführt. In Thüringen und Bremen z.B. ist sie eingeführt.
Die DIN 18040-1 und -2 sind kostenfrei zugänglich, da sie Bestandteil des Baurechts sind. Die DIN 18040-3 ist nicht kostenfrei zugänglich.
Die DIN-Normen kann man beispielsweise beim Beuth-Verlag beziehen. Es gibt auch gute Leitfäden mit Inhalten der DIN-Normen (nur Auszüge).
Es ist möglich, über den Verbundvertrag, der bei der Gründung eines Verkehrsverbunds abgeschlossen wurde und dem neue Verbundmitglieder in der Regel beitreten, entsprechende Standards und Vorgaben verbindlich zu setzen. Meist übernehmen Verkehrsverbünde aber hier eher koordinierende Aufgaben und haben somit keine verbindlichen Regelungen. Entsprechende Standards werden dann auf freiwilliger Basis eingehalten. Wenn ein Landkreis als Aufgabenträger Verkehrsleistungen vertraglich mit einem Verkehrsunternehmen vereinbart, sollte er unabhängig davon generell festlegen bzw. verhandeln, welche Regeln oder Vorgaben zur Barrierefreiheit eingehalten werden sollen. Einheitliche, verbundweite Standards sind dabei grundsätzlich empfehlenswert, unabhängig davon, ob diese im Verbundvertrag verbindlich festgelegt wurden oder nicht.
Die Steigung ist als Mindestanforderung ((vgl. auch Frage 1.6), bzw. hier im Sinne einer maximalen Anforderung = Grenzwert) in den Technischen Regelwerken festgelegt, z. B. DIN 18040-3. Die DIN 18040-3 stellt dar, unter welchen technischen Voraussetzungen bauliche Anlagen barrierefrei sind, damit sie im Sinne des Ziels Barrierefreiheit aus den Behindertengleichstellungsgesetzen zu benutzen sind (ohne besondere Erschwernis usw.). Eine geringere Neigung ist immer besser, da sie die Benutzung vereinfacht.
HINWEIS: Eine größere Neigung bedeutet insofern, dass die Anlage nicht mehr ohne besondere Erschwernis usw. zu benutzen ist und insofern die technischen Voraussetzungen für die Zielerfüllung nach den Behindertengleichstellungsgesetzen nicht mehr umfassend erfüllt sind.
Es ist nicht zwingend erforderlich. Wichtig ist, die obere Absicherung. Ein Aufmerksamkeitsfeld für die untere Stufe wird nur in der Norm gefordert, wenn die Treppe in ein Leitsystem eingebunden ist (wenn ein Leitstreifen auf eine Treppe direkt zuführt). Die Treppenstufe ist im Normalfall mit dem Langstock ertastbar (siehe dazu DIN 32984).
Hier wird zwischen Außen- und Innenbereich differenziert. Im Innenbereich reicht die Markierung der ersten und letzten Stufe aus. Im Außenbereich muss jede Stufe markiert sein (siehe dazu DIN 18040-3).
Treppen müssen immer einen beidseitigen Handlauf haben. „Je nach Laufweg“; in Abhängigkeit der Wegebeziehungen kann es sinnvoll sein, den dritten Handlauf außermittig anzuordnen. Die DIN 18040-3 empfiehlt im Außenbereich ab einer Treppenbreite von 12 m einen zusätzlichen Mittelhandlauf.
Hierbei handelt es nicht um ein Gesetz, sondern um eine Norm. Man findet die Regelungen in der DIN 18040-3.
Im Verkehrsbereich trifft das nur auf die unterirdischen Haltestellen zu. Aber grundsätzlich gilt, dass auf beiden Seiten Handläufe angebracht werden.
Gemäß DIN 32984 muss das untere Aufmerksamkeitsfeld um 60 cm von der untersten Setzstufe abgerückt werden.
Aufzug-Typ 2 ist eine Mindestanforderung (siehe DIN 18040-1 sowie DIN EN 81-70), die in einigen Fällen mit Vorspanngerät jedoch knapp ist.
TIPP: Bei Beteiligung sollte deshalb Aufzug-Typ3 empfohlen werden.
Übereckanordnung der Türen bei Aufzügen sind grundsätzlich erlaubt, aber die Bewegungsfläche (1,50m x 1,50m) muss vorhanden sein, um einen Richtungswechsel mit dem Rollstuhl möglich zu machen.
Wenn es um Anlagen im Eisenbahnbereich geht:
Nein, es müssen allerdings die Sichtverhältnisse eingehalten werden und 5m vor und hinter dem Zebrastreifen darf nicht geparkt werden.
Der Straßenbaulastträger legt das fest, auch in Abstimmung mit den Verkehrsunternehmen. Aber auch je nach Ortslage ist dies individuell zu betrachten.
Es gibt dafür keine verbindliche Vorgabe, aufgrund der Vielzahl der Haltestellen wäre dies in der Praxis auch kaum umsetzbar. Deshalb empfiehlt es sich, Standards für Haltestellen im NVP zu vereinbaren, hier ist die Einbeziehung von Behindertenbeiräten auf jeden Fall im PBefG vorgegeben.
Geregelt ist dies im Bundesfernstraßengesetz. Außerorts ist es grundsätzlich der Bund, in dessen Auftrag übernehmen jeweils die Straßenbaubehörden der Länder diese Aufgabe. In Gemeinden mit mehr als 80.000 Einwohnern sind die Gemeinden innerorts Baulastträger, Gemeinden zwischen 50.000 und 80.000 Einwohnern können diese Funktion auf eigenen Wunsch übernehmen. Die Kosten für Gehwege und Parkplätze obliegen jedoch innerorts grundsätzlich den Gemeinden. Die Abgrenzung liegt in der Regel am Bord, kann aber im Einzelfall auch abweichend festgelegt werden.
Der Abschnitt 5.6.3 DIN 18040-3 beinhaltet die Zielvorgabe, dass Spalt und Stufe beim Einstieg maximal 5 cm betragen sollen. Die derzeitige Regelbordsteinhöhe bei Bushaltestellen liegt derzeit gemäß Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Verkehrs bei 18 cm (vgl. hierzu Frage 2.1).
In der Praxis üblich ist eine Überlagerung von Wartefläche und Gehfläche – nicht zuletzt aus Platzmangel. An den meisten Bushaltestellen sollte diese Überlagerung nicht zu Problemen führen. Sollten aufgrund der Fußverkehrs- oder Fahrgastfrequenz häufig Konflikte auftreten, sollte geprüft werden, die Fläche für den Wartebereich zu vergrößern (beispielsweise durch ein Buskap). Für Konfliktlösungen bei der Radverkehrsführung gibt es keine pauschale Lösung. In Abhängigkeit der Randbedingungen finden sich Lösungsansätze beispielsweise in Abschnitt 3.11 „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“.
Ein Wetterschutz ist grundsätzlich keine Verpflichtung. Dies hängt von der Frequentierung der Haltestelle ab. Ist ein Wetterschutz vorgesehen, muss dieser auch barrierefrei sein (DIN 18040-3).
Dies ist ein Problem des Bestandsumbaus und der Zuständigkeit (wer ist hier konkret Baulastträger). Mindestens eine barrierefreie Haltestelle sollte im Ort vorhanden sein. Doch auch hier kommt es auf den Einzelfall an und muss individuell betrachtet werden. Lösungen für beengte Platzbereiche gibt es bereits.
WICHTIG: Zu einer barrierefreien Haltestelle sollte es auch einen barrierefreien und sicheren Zugang geben.
Bodenindikatoren dürfen nicht über Fahrbahnen und somit auch nicht über Radwege führen. Man könnte einen Pflasterstreifen darüberlegen, als Hilfe. Bodenindikatoren müssen so liegen, dass eine sichere Bewegung gewährleistet ist. Die DIN-32984 regelt das hier explizit.
Es gibt keine genauen Vorgaben.
TIPP: Bei der Beteiligung in Höhe des Rollstuhlplatzes eine zweite Anzeige empfehlen, sodass beim Rückwärtsfahren im Bus die Sicht auf die Anzeige gewährleistet werden kann. Die rückwärtsgerichteten Fahrgastinformationsanzeiger sind für Fahrgäste, die entgegen der Fahrtrichtung sitzen von Nutzen.
Wenn es nur um die Informationen an sich geht, bieten das bereits viele Verkehrsbetriebe an. Es gibt Webseiten die bspw. die Verfügbarkeit von Aufzügen anzeigen (z. b. in Berlin).
TIPP: Aufzugersatzverkehr Berlin - https://www.bvg.de/de/verbindungen/bvg-muva/aufzugersatz